Focus Stacking in der Makrofotografie

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Focus Stacking in der Makrofotografie

Do., 09/03/2023 - 19:14
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Focus Stacking, Focus-Bracketing und Post Focus-Funktion leicht verständlich erklärt. Eine Anleitung ideal für Anfänger.

UPDATE: Dem Thema Focus Stacking haben wir eine ganze Sonderausgabe gewidmet. Bequem zum nachschlagen. Hier entlang...

Weibliche Rindenspringspinne (Marpissa Muscosa) mit Fliege als Beute - Extreme Wildlife-Makroaufnahme. Manueller Focus Stack aus 22 Einzelfotos. Freihand. Abbildungsmaßstab etwa 4:1 (Vollformat). Sony ILCE-7RM2, 28 mm altes manuelles Objektiv in Retrostellung, ISO: 200, f/5.6, 1/160 s, Blitzlicht.

In diesem Artikel erfährst Du, wie Du diese Technik einsetzen kannst und wie Du damit die bestmöglichen Ergebnisse erzielst. Doch was ist Focus Stacking überhaupt?

Im Grunde ist es relativ simpel. Stelle Dir zur Veranschaulichung eine Fliege vor, auf deren Facettenaugen Du den Fokus Deiner Kamera setzt. Abdrücken. Foto im Kasten. Gut! Auf diesem Foto sind die Augen der Fliege scharf, der Hinterleib verschwindet allerdings in Unschärfe. Fokussiere nun auf den Hinterleib und mache ebenfalls ein Foto. Jetzt sind die Augen unscharf, der Hinterleib jedoch scharf. Diese zwei Fotos werden nun zu einem Bild zusammengerechnet, auf dem Augen und Hinterleib scharf sind – und fertig ist Dein erster Stack! Herzlichen Glückwunsch!

Das Focus Stacking ermöglicht eine deutliche Erweiterung der Schärfentiefe!

Nun stellst Du Dir sicherlich die Frage: Warum nicht einfach Abblenden ohne Ende, dann wird der Schärfebereich doch auch größer? Der Gedanke ist zwar im Grunde nicht falsch. Doch in der Makrofotografie, insbesondere bei hohen Abbildungsmaßstäben, kommt mit kleiner werdender Blende schnell die Beugungsunschärfe ins Spiel. Das Foto wird also ab einer gewissen Blende nicht mehr schärfer, sondern wieder unscharf.
Für das Focus Stacking oder Focus Bracketing brauchst Du nicht zwingend teures Equipment wie ein Stativ oder einen Makroschlitten. Diese können zwar bei statischen Motiven wie Pflanzen etc. von Vorteil sein, doch zumindest bei nicht zu hohen Abbildungsmaßstäben erzielt man auch ohne diese Hilfsmittel tolle Ergebnisse! Zudem ist man gerade bei sich bewegenden Motiven mit Stativ und Makroschlitten zu unflexibel. Bis alles steht und ausgerichtet ist, ist die Fliege auf und davon. Für das Wildlife Focus Stacking ist ein Stativ daher nur bedingt geeignet. Ich persönlich mache Stacks meist aus zehn bis zwanzig Einzelfotos, und das auch noch bei Abbildungsmaßstäben von bis zu 8:1 (APS-C-Sensor) – ohne Stativ von lebenden Tieren wie beispielsweise den winzigen Kugelspringern (siehe MAKROFOTO Sonderausgabe 4). Es ist vor allem eine Sache der Übung und Geduld.

Was ist Focus Bracketing?

Focus Bracketing z.B. bei Olympus-Kameras ist beeindruckend. Man sucht sich ein Motiv, fokussiert, und innerhalb weniger Sekunden hat man eine komplette Stackreihe im Kasten. Das ist im Grunde automatisches Focus Stacking. Der Fokusunterschied kann eingestellt werden, dass bedeutet, der Abstand der einzelnen Bilder zueinander kann auf den Abbildungsmaßstab beziehungsweise auf das Motiv angepasst werden. Die Schnelligkeit des Vorgangs ist gerade bei unruhigen Tieren, die nur kurz stillhalten, von großem Vorteil.

Was ist die Post Focus-Funktion?

Mit der Post Focus-Funktion von Panasonic werden Serienaufnahmen in 4K oder 6K-Auflösung mit dreißig Bildern (Frames) pro Sekunde mit unterschiedlichen Fokuspunkten aufgenommen. Die Kamera speichert die Serie als Videodatei (MP4) ab. Diese lässt sich dann mit Focus Stacking-Software wie Helicon Focus weiterbearbeiten.

Die schnelle Post Focus-Funktion ist ideal für Aufnahmen von aktiven Tieren wie Insekten, die nur kurze Bewegungspausen einlegen, oder um kurze Windpausen auszunutzen. Achim Kluck

Gemeine Skorpionsfliege (Panorpa communis) – Focus Stack aus 12 Einzelfotos.
Sony ILCA-77M2, Tamron 90 mm Makroobjektiv mit Raynox DCR-250, f/11, 1/160 s, ISO 100, Blitzsetup C (siehe Sonderausgabe 4 Seite 25)

 Wie funktioniert das Focus Stacking?

Ich empfehle grundsätzlich zwei Vorgehensweisen zum Focus Stacking (Achtung, bei beiden gilt: auf manuellen Fokus stellen!):

1. Stacking durch Fokusverschiebung am Fokusring

Bei dieser Methode veränderst Du durch langsames Drehen am Fokusring des Objektivs die Lage der Schärfeebene am Motiv und machst gleichzeitig Fotos

2. Stacking durch Bewegung der Kamera zum Motiv

Die Schärfeebene lässt sich auch mit einer anderen Methode durch das Motiv schieben. Dazu fokussierst Du das Motiv, machst ein Foto und bewegst Dich dann durch leichtes Vorbeugen ein kleines Stück auf das Motiv zu, machst wieder ein Foto und so weiter, bis Du den Bereich abgedeckt hast, den Du später komplett scharf haben möchtest.
 

Springspinne (Evarcha sp.) – Extremer, manueller Focus Stack aus 46 Einzelfotos. Abbildungsmaßstab etwa 5:1 (Vollformat). Sony ILCE-7RM3, Laowa 25 mm Ultra-Makroobjektiv, f/5.6, 1/160 s, ISO 100, Blitzlicht

Focus Stacking Software

Es gibt mittlerweile ein großes Angebot an Software, die man zum Focus Stacking verwenden kann. Eine Empfehlung auszusprechen, fällt hier nicht leicht. Zu nennen sind auf jeden Fall:

  • Adobe Photoshop CC,
  • Helicon Focus,
  • Zerene Stacker

sowie die kostenfreien Combine ZP und Picolay.

Alle Programme liefern gute Ergebnisse. Am besten nutzt man die Möglichkeit, die entsprechenden kostenlosen Testversionen anzuschauen.

Freihand Focus Stacking

Als ich vor etwa sechs Jahren meine ersten Gehversuche in der Makrofotografie gemacht habe, stieß ich recht schnell auf das Thema Focus Stacking, denn ich wollte einen möglichst hohen Teil des Motivs scharf haben, ohne dazu jedoch den ISO-Wert stark anheben zu müssen. Da mir ein Stativ viel zu unflexibel war, durfte auch die Belichtungszeit nur so lange sein, dass sie freihändig noch verwacklungsfreie Fotos ermöglichte. Die Technik des Freihand Focus Stacking kam mir daher wie gerufen, sie gab mir viel mehr Freiheit beim Fotografieren und machte viele Motive überhaupt erst möglich.

Zunächst möchte Ich Dir zwei manuelle Methoden vorstellen, die ich verwende.

  • a) Focus Stacking durch Einzelfotos
  • b) Highspeed Focus Stacking

Highspeed-Focus Stacking

Bei dieser Methode macht man sich den schnellst möglichen Serienbildaufnahmemodus der Kamera zu Nutze. Bei meiner Sony α77 II sind das zum Beispiel 12 Bilder pro Sekunde und der Puffer ist nach etwa 20-30 Fotos voll (im RAW-Format). Andere Kameras wie zum Beispiel die Olympus OM-D E-M1 Mark II schaffen nochmal etwas mehr. Grundsätzlich empfehle ich für diese Methode des Focus Stackings eine Serienbildgeschwindigkeit von mindestens 5-10 Bilder pro Sekunde (RAW-Format) und einen ausreichend großen Pufferspeicher (!).

Unsere Zeitschrift speziell zum Thema Focus Stacking. Alles ausführlich erklärt. MAKROFOTO Sonderausgabe 1

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