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ADMIN

Ein Exkurs...

Hallo Erich,

ein feines Foto. Seine Stärken sind das Licht, die Farben – und die Abbildungseigenschaft des von Dir eingesetzten "Werkzeugs", des Cyclops. Es ist sehr ansprechend, wie Du den Hintergrund ins Bild komponiert hast, insbesondere oberhalb des Hauptmotivblatts.

Du hast die Schärfe der schmalen Schärfeebene auf den Blattansatz gelegt. Da das Blatt nicht im rechten Winkel zur Bildachse ausgerichtet ist, liegt natürlich die Spitze vor der Schärfeebene und ist somit unscharf.

Prinzipiell ist das Fotografieren in diesem Winkel zum Blatt natürlich möglich;  so erhält das Bild Tiefe. Aber meistens (nicht immer!) ist es in solch einem Fall besser, die Schärfe auf die Blattspitze zu legen. Warum? Die Blattform mündet in der Spitze. Beide Blattränder führen zur Blattspitze. Und sie nehmen dabei das Betrachterauge mit. Das Betrachterauge folgt diesen Linien und landet unweigerlich auf der Blattspitze.
Hinzu kommt, dass diese Spitze in der Regel den Hauptkontrastpunkt beim Blatt darstellt. Und das mag ja bekanntlich das Betrachterauge ebenfalls sehr gerne.

Das alles geschieht beim Bildbetrachter sehr schnell und unbewusst. Aber egal wie, er landet auf der Blattspitze – und stellt fest, dass sie unscharf ist. Dann geht der Blick suchend zurück und entdeckt die beiden seitlichen, gezackten Blattränder – und freut sich, dass sie scharf sind und er damit hier kurz ankern kann. Nun hat er Orientierung.

Trotzdem, den kleinen "Umweg" über die Blattspitze wird er in der Regel nehmen. Dies ist der Grund dafür, immer zu überlegen, ob eine Schärfepositionierung auf diese Spitze nicht die erste Wahl ist.

Zusätzlich kann man dies verstärken, indem man die Kamera so ausrichtet, dass die Spitze gut sichtbar ist beispielsweise dadurch, dass sie sich vom Hintergrund deutlich abhebt. Dies kann mittels Licht und/oder durch einen Farb- oder Helligkeitsunterschied erreicht werden. Dadurch erhält die Spitze nochmals mehr Anziehungskraft für das Betrachterauge, was dazu führt, das es unweigerlich und sofort diese Blattspitze entdeckt, diese als Orientierungspunkt annimmt und von dort aus die optische Entdeckungseise über das Bild startet :-).

Ich hänge Dir mal zwei Bildbeispiele an, die dies verdeutlichen.
 

Bei diesem Foto liegt die Schärfe nicht auf der Blattspitze, sondern "nur" auf der vorderen Blattkante oberhalb der Spitze. Achte mal darauf, was Du als erstes siehst, wenn Du spontan auf dieses Foto schaust (oder als Du es gerade das erste Mal vergrößert angeschaut hast).

 

Bei diesem Foto sind zwei Dinge anders. Durch geringfügige Veränderung der Perspektive liegt nun die Schärfe auf der Blattspitze (und auch noch auf einem kleineren Bereich der vorderen Blattkante). Zusätzlich habe ich die Spitze vor einen helleren Fleck im Hintergrund "geschoben", wodurch ihre Kontrastkanten verstärkt werden. Das Ergebnis: Man sieht sie besser.

Und nun achte wieder darauf, was Du als erstes siehst, wenn Du das Bild betrachtest, und wie Dein Auge sich dabei fühlt :-).


TIP:

Mache, wenn Du so ein Foto wie dieses schöne Bild oben von der Brombeere erstellst, Vergleichfotos. Lege einmal die Schärfe auf die Blattränder – so, wie Du es oben gemacht hast. Lege sie dann bei einem weiteren Foto auf die Blattspitze. Schließlich versuche, ein drittes Foto zu "komponieren". Bewege Dich damit vorsichtig und aufmerksam mit der Kamera nach rechts und links sowie nach oben und unten – millimeterweise! Schaue dabei, ob sich die Ränder und vor allem die Blattspitze verändert, ob es vielleicht sogar eine Position gibt, bei der sie am deutlichsten sichtbar wird. Dann schieße das dritte Bild.

Zu Hause am Rechner schaust Du Dir diese drei Fotos nacheinander an und lässt sie auf Dich wirken. Schiebe dabei möglichst Deine Gefühle, die Du zum Zeitpunkt der Erstellung dieser drei Fotos hattest, in den Hintergrund. Betrachte die Fotos möglichst neutral und beobachte, was Deine Augen und Dein Gehirn, sprich Deine Wahrnehmung, Dir für Informationen liefern. Du wirst Informationen bekommen, Du musst sie nur lernen zu verstehen :-).

Am Ende weißt Du, welches das "beste" Foto ist.

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht" 

Roland

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