Pflanzenfotografie - Die Bedeutung des Umfelds (Hinter- und Vordergrund)

Profile picture for user Roland

ADMIN

Die Makrotreff-Userin Geli hat ein Krokusblüten-Bild im Gegenlicht eingestellt. Der Hintergrund ist sehr stark beruhigt - was zunächst einmal nicht schlecht ist. Dennoch wird an diesem Bild deutlich, wie wichtig gerade bei der Pflanzenfotografie die "Umfeld"-Gestaltung um das Hauptmotiv herum ist - sowohl bildgestalterisch als auch die inhaltliche Aussage betreffend. Hier die wichtigsten Aussagen aus der Bildbsprechung  dazu:

 

Zwei Dinge fallen vorrangig auf:

Schärfe:

Das Foto ist leider nicht ganz scharf. Es liegen diese typischen Mikro-Verwacklungen vor, die man nicht als eigentliche Verwacklungsunschärfen sieht. Sie zeigen sich vielmehr durch einen insgesamt nicht ganz scharfen Eindruck. Aber darum geht es hier jetzt nicht vordergründig.

Gesamtaussage:

So schön das Gegenlicht in den Blütenblättern ist, die Bildaussage des Gesamtbildes ist eher etwas dürftig. Zum Foto gehören weitere Aspekte (außer dem Licht) wie Hintergrund, Platzierung der (Haupt-)Blüte im Bild oder Gesamtgestaltung. Und hier leidet das Bild leider ein wenig.

Ein Vergleich mit folgendem Foto macht dies deutlich:

Zwei ähnliche Bilder - bezogen auf das Hauptmotiv!

Dieses Bild zeigt die Hauptblüte (Hauptmotiv) aus einer ähnlichen Perspektive wie das erste Foto. Anders ist das Licht (kein Gegenlicht, sondern neutrales Licht) und - das Umfeld. Dieses Foto lebt eigentlich sogar vom Umfeld: von den Blütenblatträndern unterhalb der Hauptblüte, von den Unschärfeverläufen um die Hauptblüte herum und vom Farbenspiel auf der gesamten Bildfläche.

Wie wäre dieses Bild unten, wenn diese "Umfeldfaktoren" nicht da wären? Es wäre - langweilig! Das eigentliche Hauptmotiv, also die seitlich fotografierte Blüte Mitte rechts im Bild, würde da alleine für sich stehen, wenig spektakulär, völlig isoliert, ohne Bezug zu seinem Lebensraum - einfach von der Seite drauffotografiert, und dann auch noch ohne Sicht auf die schönen, gelben Innenteile.

Wenn das Umfeld nichts mit dem Hauptmotiv zu tun hat  -  die (Haupt-)Motiv-Einbindung

Nun kommt beim oberen Bild das tolle Gegenlicht dazu. Aber der Rest - der trifft eigentlich genau so wie beschrieben zu: Die Blüte steht da so ein wenig einsam, isoliert im von ihr unabhängigen grünen Raum. Der Hintergrund ist zwar sehr schön beruhigt, aber dadurch auch ziemlich langweilig, insbesondere weil er ohne Bezug zum Hauptmotiv ist. Und der starke Farb- und Kontrastunterschied zwischen ihm und der Blüte verstärkt dies. Die stark kontrastierende Krokusblüte zieht die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Man könnte sich schon fast fragen, was der Hintergrund auf der Restfläche des Bildes (die immerhin größer ist als die "Fläche" der Krokusblüte) überhaupt soll, was er einem sagen will. Dass die Krokusblüte dort völlig verloren steht? Das ist aber eigentlich keine schöne Aussage ...

Dieses Beispiel zeigt, dass gerade bei der Pflanzenfotografie das Umfeld des Hauptmotivs, also Vorder- und Hintergrund (u.a. das Bokeh) sowie die Einbindung des Hauptmotivs, von großer Bedeutung sind.

Vor diesem Hintergrund ist es überlegenswert, aus dem obigen Foto ein Hochformat zu machen. Damit würde der große (nüchterne) grüne Bereich auf der rechten Seite wegfallen. Der Betrachter könnte sich noch mehr und in Ruhe auf die Hauptaussage des Fotos konzentrieren: das Gegenlicht in den Blütenblättern. Damit hätte man Teile des Problems umgangen, nicht aber gelöst - was aber auch nachträglich nicht mehr möglich ist.

Generell gilt bei Pflanzenfotografie:

Eine der größten Schwierigkeiten bei der Erstellung guter Pflanzenfotos ist häufig nicht das Auffinden fotogener Pflanzen, sondern deren Komposition im Bild.

Daraus ergibt sich, dass nicht alle Pflanzen gut zu fotografieren sind, auch wenn sie selbst gut ausschauen. Und damit sind wir wieder beim Umfeld.

Viel Spaß bei der Pflanzenfotografie!

Roland

Roland Günter ist Betreiber von Makrotreff und Chefredakteur von MAKROFOTO. Der Dipl. Forst-Ingenieur betreibt die Makrofotografie hauptberuflich und verwaltet ein umfangreiches biologisch-wissenschaftliches Bildarchiv.

Der Kern seiner Arbeit liegt in der Dokumentation biologischer Vielfalt. Zu diesem Themenkomplex werden seit vielen Jahren seine Fotos und Reportagen im In- und Ausland in vielen gängigen Zeitschriften und Buchproduktionen publiziert.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die von ihm auf professionelles Niveau gehobene künstlerisch-kreative Vintage-Makrofotografie – also die Fotografie mit alten Objektiven an modernen Sensoren. Unter anderem hat er den einzigartigen Multivisions-Vortrag Fotografie mit Flair – Malen mit der Kamera konzipiert und neben anderen Events bei den Internationalen Fürstenfelder Naturfototagen vor großem Publikum gehalten.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich angezeigt. Deine Emailadresse ist nötig, um Dich über neue Antworten zu informieren.

Kategorie