un:scharfe Hasel

für Gabi eingestellt um etwas zur Diskussion "das ist doch nicht richtig scharf" beizutragen. Natürlich sagt der Pixelpeeper in mir, dass die drei Haseljungs nicht scharf sind. Der eher bauchseitig angesiedelte Freigeist meint lakonisch: ist doch mir wurscht. Was ist erlaubt, wo fängt es an einfach technisch schlampig zu sein? Ich bin mir da nie sicher, auch weil ich nicht einschätzen kann ob das Gefühl das bei mir erzeugt wird auch andere erreicht. Bei einem modernen Stack ist es etwas einfacher, da reduziert es sich etwas mehr auf Handwerk und Technik.

Kommentarbereich

Profile picture for user Flora1958

MOD

Hallo Wolfgang,

ein sehr gelungener Bildaufbau. Der ganze untere gemalte Bereich ist superschön gezeichnet. Auch das Hereinragen der drei Haseln macht sich sehr gut. Sollte es nun nur wegen der leichten Un:schärfe verworfen werden? Ich denke nein. Denn wenn du es dann irgendwann wieder anschaust, findest du sofort einen Bezug zur Aufnahmesituation . So geht es mir bei vielen Bildern. So bekommt es einen Wert für dich.

Du hast es  für mich auf den Punkt gebracht, bei einem Stack hat man einen Anhaltspunkt durch Handwerk und Technik. Dies ist beim Malen mit der Kamera zwar auch nötig, jedoch spielt hier das Künstlerische zusätzlich eine große Rolle, was wiederum viel mit Gefühl und Empfinden zu tun hat. Das macht es manchmal für einen selbst  schwierig zu beurteilen. Es ist für mich emotionaler. Da fragt man dann gern auch mal einen anderen Betrachter. ;-)

Außerdem kann nicht immer alles perfekt sein und hat trotzdem seinen Wert. Ein gewisse Qualität hingegen halte ich für ein Muss.

Ich danke dir für`s Zeigen, Wolfgang!

Schönen Abend noch.

Liebe Grüße

Gabi

Profile picture for user Ingo Heymer
Makronist

Hallo Wolfgang,

ich finde, das ist immer eine Gratwanderung. Ich stelle in aller Bescheidenheit mal zwei Bilder ein, die ich sonst nicht hochgeladen hätte. Beim ersten sind die Kätzchen scharf, beim zweiten finde ich das Gesamtbild besser. Aber da ist die Unschärfedosis auf den Kätzchen für meinen Geschmack zu hoch. Gerne merke ich das erst, wenn ich mich zuhause wieder aufwärme - und dann ist es zu spät für Korrekturversuche. Bei deinem Bild sind mir (!) die Haseln einen Hauch zu unscharf - aber das ist glaube ich sehr subjektiv.

Und meine Erfahrung mit dem Cyclop sagt: Die Schärfe perfekt zu setzen, ist (für mich) bei diesem Objektiv anspruchsvoll. Und wenn das Hauptmotiv nicht im Bereich der Mitte ist, dann geht es glaub´ ich auch gar nicht so, wie man sich das wünscht. Heißt: Das Bild muss schon beim Fotografieren anders gedacht werden.

Beste Grüße

Ingo

 

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Hallo Ingo,

danke für Deinen Beitrag, die zwei Bilder unterstreichen gut das Grundproblem. Ich möchte jetzt nicht zuviel schreiben, da ich nur wiederholen würde was weiter unten alles zu lesen ist. Für alle die sich bei der Einschätzung ihrer Werke auch unsicher fühlen sind Deine Anmerkungen sowie die von Gabi und auch besonders die Ansichten von Roland sicherlich eine große Hilfe.

Servus
Wolfgang

Profile picture for user Roland

ADMIN

Randunschärfen bei Vintage-Objektiven

Hallo Wolfgang,

obwohl das Cyclop auch ein wenig außerhalb der Bildmitte noch akzeptable Schärfe zeigt, verliert es dann irgendwann Richtung Bildrändern spürbar – so wie die meisten Vintage-Objektive bei Offenblende. Deshalb ist es sinnvoll, beim Fotografieren ein Hauptmotiv nicht zu nahe an den Rand zu legen. Grob gesagt liegt beim Cyclop die Grenze so in etwa auf den Drittellinien; darüber hinaus wird die Unschärfe zunehmend sichtbar. Möchte man das Hauptmotiv über eine Drittellinie hinaus platzieren, sollte dies mittels nachträglichem Bildbeschnitt gemacht werden. Bei der Vintage-Fotografie liegen einfach andere Voraussetzungen vor als bei der Fotografie mit modernen Objektiven.

Ein Großteil der Unschärfe der drei "Haseljungs" in Deinem Foto ist der nahen Randlage geschuldet; hier macht sich die Randunschärfe des Cyclops bemerkbar. Das wäre also so ein Fall gewesen für eine etwas bildmittigere Platzierung mit anschließendem Fasson-Schnitt .-).

Ich finde die Unschärfe in den Kätzchen auch nicht "schlimm". Aber etwas mehr Schärfe in diesem kleinen Bereich des Bildes (Hauptmotiv) würde mir besser gefallen und meines Erachtens die Wirkung des tollen Bokehs nochmals aufwerten.
Aber: Prinzipiell ist die Schärfediskussion bei der Fotografie mit alten Objektiven sehr schnell müßig, da gebe ich Dir vollkommen Recht. Es ist sicherlich sinnvoll, die guten alten Obi-Schätze ans Maximum Ihrer Schärfeleistung zu führen. Wenn man jedoch richtig scharfe Fotos haben möchte, sind in der Regel moderne Objektive die bessere Wahl.

Liebe Grüße 

Roland

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Grüß Dich Roland,

ich versteh schon dass die Leistung des Glases zum Rand hin nachlässt. Nicht desto Trotz kann das Cyclop das Du mir überlassen hast deutlich mehr als hier gezeigt. Ich habe da in der Stube eine Versuchsanordnung mit einem schräg liegenden Lineal aufgebaut. Da ist die Schärfe an den Rändern deutlich besser. In der Natur rutscht der Fokus wegen dem kleinsten Luftzug natürlich wieder vom Motiv als ob man mit nasser Seife arbeitet. Wenn es einfach wäre könnt es ja jeder :-). Ich hab das nur eingestellt weil das eine Bild von Gabi zwar auch nicht endscharf war, aber mir trotzdem gut gefallen hat. Schlechte Unschärfe ist für mich zum Beispiel "Nasenspitze scharf, Auge unscharf". Bei den "gemalten Bildern" habe ich eine deutlich höhere Toleranz. Allerdings tut mir hier die Meinung aller Kollegen gut um meine eigenen Parameter bei der Bewertung zu justieren *grins*. Beispiel: von Gudruns "Pfützenpoesie" bin ich rundweg begeistert, das ist einfach Kunst. Wenn ich so ein ähnliches Bild selber mache, bin ich dagegen am Zweifeln, weil ich meine eigenen Ansprüche anders konditioniert habe. Das Leben ist schon kompliziert. *Schmunzel*

Servus
Wolfgang

Profile picture for user Roland

ADMIN

Gedanken zu Unschärfen

Hallo Wolfgang,

ich kann Deine Gedanken gut verstehen. Ja, natürlich, es gibt das Prinzip der "gekonnten Unschärfe". Obwohl die Trennung nicht einfach ist, erkennt man erstaunlicherweise gekonnte Unschärfe sofort; nicht gekonnt leider auch :-).

Hier bewegen wir uns, wie Du es auch schon formuliert hast, außerhalb der meßbaren Bereiche. Schärfe kann beispielsweise in Linien pro Millimetern ausgedrückt werden. Dann kommen noch Parameter wie Kontrast und Brillanz hinzu – alles recht gut greifbar, weil es sich zumindest zum Teil um statische Parameter handelt – wobei es bei der Brillanz schon etwas schwieriger wird :-).

Aber wie baut man Unschärfe so ins ins Bild, dass es eine hohe künstlerische Aussage hat? Ein wichtiger Aspekt hierbei ist neben dem Grad der Unschärfe die Verteilung der verschiedenen Unschärfen in einem Bild. Wie stehen relativ schärfere Bildbereiche zu den deutlich unschärferen?

Natürlich spielen auch Kontraste und vor allem Licht eine groß Rolle.

Aber auch dies sind schon fast eher "technische", statische Parameter. Die vielleicht größte Rolle spielt die Aussage-Intention des Künstlers hinter der Entscheidung, wie er in einem Bild mit Schärfen und Unschärfen umgeht.

In Gudruns Pfützenpoesie beispielsweise ist Licht die Hauptaussage. Gudrun zeigt das Meer von Reflexen auf den sonnenbeschienenen Pfützen. Die Fliegen sind "nur" vorübergehender Bestandteil dieses Lebensraum. Die Hauptaussage liegt jedoch in der Wahrnehmung, im Erleben des Lebensraums Pfütze. Auf der einen Seite gibt es die Pfütze, auf der anderen den Bildbetrachter. Ja, und dann sind da auch noch die Langbeinfliegen – temporäre, flüchtige Besucher der Pfütze. Sie befinden sich aber mehr neben dem Bildbetrachter, sind also eher Teil des Beobachtenden und "Nutzenden" der Pfützen. Nichtsdestotrotz stehen die Pfützen im Vordergrund der Story. 

Und Gudruns Mittel der Wahl hierfür sind Vintage-Objektive, die die Schärfe und damit den Detailreichtum der Fliegen unterdrücken, während sie die Reflexe des sonnendurchfluteten Lebensraum hervorheben – durch aus heutiger Sicht mangelnde Korrektur der Gläser! Die alten Gläser der eingesetzten Objektive unterstützen also Gudruns angestrebte Kernaussage der Fotos. Sie sorgen für die entscheidende Verschiebung des Darstellungsschwerpunkts: von den Details der kleinen Fliegen hin zur Wahrnehmung des Lebensraums. Dies ist so deutlich umgesetzt, dass man beim Betrachten der Bilder das Gefühl hat, selbst in diesem sonnendurchfluteten Lebensraum zu sein.

Dadurch haben diese Fotos von Gudrun eine so hohe emotionale Aussagedichte. Der Betrachter betrachtet nicht nur das Geschehen (die Langbeinfliegen) auf den Pfützen, er fühlt sich vielmehr als Teil des Lebensraum Pfütze. Das macht große Reportagen aus!

[Anmerkung für Leser dieses Threads: Wolfgang spricht hier die Reportage "Pfützenpoesie" von Gudrun Besler an, die in unserer MAKROFOTO-Spezialausgabe zur Vintage-Makrofotografie auf Seite 62 – 75 abgedruckt ist.]

Eines wird hierbei sehr deutlich: Auch in Unschärfen liegen viele Informationen. Es sind aber meist andere als in den Schärfen. Während die Schärfen beispielsweise moderner Objektive dem Bildbetrachter die kleinsten Details eines Motivs offenbaren, lassen Unschärfen mehr Spielraum für Interpretationen und Wahrnehmungen. Schärfen geben vor, was zu sehen ist. Unschärfen hingegen schaffen Freiräume, deren Ungenauigkeit (weniger detaillierte Vorgaben) ein Angebot für den Bildbetrachter ist, sie mit Interpretationen, Wahrnehmungen oder Gefühlen zu füllen.

Es wird ersichtlich, dass Unschärfen eine sehr große Rolle spielen bei der bildgebenden Darstellung – wozu Fotos gehören. Unter anderem deshalb besetzt die Vintage-Fotografie eine Nische in der Fotografie. Natürlich kann auch die moderne Fotografie phantastische Unschärfen erzeugen. Doch die Spielräume, besser gesagt Spielarten der Vintage-Makrofotografie hinsichtlich der Darstellung von Unschärfen sind ungleich größer und vor allem vielfältiger.

Liebe Grüße 

Roland

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Danke Roland,

selten einen so fundierten und hilfreichen Gesprächsverlauf über ein grundsätzliches Problem der Bildanalyse und die daraus resultierende Bewertung gesehen wie hier an dieser Stelle. Mir hilft das sehr und ich denke auch vielen anderen die hier "darüber stolpern".

Servus
Wolfgang

Profile picture for user Flora1958

MOD

Hallo, alle zusammen!

Na, da sind wir auf ein Thema gestoßen, welches offenbar einige Vintagisten interessiert. Ich danke euch allen für eure sehr weiterführenden Kommentare hierzu.  Ich freue mich auf das weitere  gemeinsame "Justieren" unserer Vintage-Ergebnisse. Haben wir den Mut, uns  auch in Zukunft kreativ auszutoben. ;-) Und mit Rolands  ganz besonderer Unterstützung auf immer weiter steigendem Niveau.

Nochmals herzlichen Dank hierfür.

Liebe Grüße

Gabi

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Hallo an alle,

jetzt ein neuer Versuch mit dem ich wesentlich zufriedener bin. Die Haseljungs waren mittiger platziert und sind dann per "Formschnitt nach außen gewandert. Normalerweise schneide ich nicht gerne, aber wenn´s schön macht *lach*. Auf den 13mm Zwischenring reagiert das Cyclop wesentlich empfindlicher als andere Gläser - muss man halt wissen.

Servus
Wolfgang

Profile picture for user Flora1958

MOD

Hallo Wolfgang,

meine Empfindung zu deinem nachträglich eingestellten Versuch ist, dass du nun die Schärfe viel besser gelegt hast, es aber leider auf Kosten deines Bokehs geht. Das ist ja gerade das Problem. Der watteweiche Ausdruck ist nicht mehr so ganz da und die Stelle mit den alten, liegengebliebenen Haselschwänzchen wirkt jetzt intensiver und lenkt etwas vom Hauptmotiv ab. Das Quadrat gefällt mir persönlich besser als oben. So wirkt es auf mich (!).

Liebe Grüße

Gabi

Profile picture for user Roland

ADMIN

Hallo Wolfgang,

ja, das ist interessant! Nun hast Du das Foto erneut gemacht, besser gesagt das Motiv nochmals angegangen, und die Schärfe im Hauptmotiv erfolgreich erhöht. Aber ich bin hier voll bei Gabi: Die Bild-WIRKUNG ist gegenüber dem ersten Bild fast futsch. Einen gewissen Anteil daran hat die kräftigere Darstellung der ebenfalls schon von Gabi angesprochenen alten Kätzchen im Hintergrund. Aber es ist der gesamte Hintergrund, der nicht mehr so fluffig rüberkommt wie bei der ersten Bildeinstellung. Beim ersten Foto lag der Pinsel lockerer in der Hand des Künstlers :-).

An diesem Beispiel sieht man sehr schön, welch große Bedeutung der Gesamteindruck eines Fotos hat – insbesondere bei der Vintage-Makrofotografie, die den künstlerischen Ansatz nochmals verstärkt gegenüber der klassischen Makrofotografie. Das bessere Foto ist für mich eindeutig das erste. Ist nun dort die Schärfe des Hauptmotivs ausreichend? Oder ist seine Unschärfe das K.O. für dieses Foto?

Ich mache das Faß nicht nochmal auf :-). Aber interessant ist dieser Bildvergleich schon sehr!

Liebe Grüße 

Roland

Profile picture for user Wolfgang Zeiselmair

MOD

Hallo Roland, hallo Gabi,

da habt Ihr nicht unrecht, ich bin ja noch in der Kennenlernphase und habe gelernt dass sich bei diesem Glas die Schärfe nur recht zentral so richtig bemerkbar macht. Es ist halt nicht so, wie oftmals behautet wird, dass man sich nur mit der Offenblende durch das Gestrüpp schlagen muss und man bekommt sein tolles Bild. Vielmehr muss man um jedes Bild kämpfen und die Tonne braucht mehr Speicher als das Archiv :-)

Servus
Wolfgang

Profile picture for user Roland

ADMIN

Hallo Wolfgang,

nun ja, so würde ich es nun auch nicht formulieren :-). Ein "Kampf" ist das mit den Vintage-Objektiven nicht. Aber das Fotografieren mit ihnen ist halt völlig anders, da muss man sich von alten Konditionierungen befreien. Aber das kann man ja lernen – und dann wird auch das Malen mit der Kamera zu einem leichten und harmonischen Kreativ-Erlebnis für den Makronisten... :-).

Liebe Grüße 

Roland

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich angezeigt. Deine Emailadresse ist nötig, um Dich über neue Antworten zu informieren.