Prosit Neujahr!

Allen MakronistInnen zum neuen Jahr möglichst viele Bubbles und möglichst wenig Begegnungen mit der hier gezeigten Art (aber wer kann diesen Augen schon widerstehen...)

Kommentarbereich

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ADMIN

Hallo UVO,

erst einmal auch von mir ein herzliche willkommen bei Makrotreff!

Auch Dir wünsche ich für das Neue Jahr eine Menge tolle Motive.

Bei dieser Bildeinstellung hier hast Du zwar bei Bildbesprechnung "Nein Danke" angehakt, dennoch möchte ich kurz auf dieses Foto eingehen. Warum? Es ist sehr außergewöhnlich. Und es spricht mich sehr an! Es ist der Gesamteindruck, der mich überzeugt. Obwohl es einige Auffälligkeiten aufweist, die ansonsten eher etwas kritisch zu sehen sind, punktet eben dieser wirklich tolle Gesamteindruck. Das Licht, die Farben, und auch die Schärfe sowie die Schärfe-Unschärfeverläufe – all das führt dazu, das dieses Foto eine ganz tolle Bildwirkung hat.

Es handelt sich bei dem Objektiv um eine hervorragend korrigiertes Mikroskopobjektiv. Wie hast Du es adaptiert? Oder verhält es sich umgekehrt: Hast Du die Kamera an das Mikroskop adaptiert? Wie hast Du das Licht aufs Motiv geführt, sodass diese tolle Ausleuchtung zustande kommt? Mit welcher Blende hast Du gearbeitet? Ich gehe davon aus, dass Du einen Focus Stack erstellt hast? Mit wie vielen Einzelaufnahmen?

Tja, mir ist schon klar, das sind recht viele Fragen, obwohl Du "Nein Danke" angehakt hast. Wenn Dir also die Beantwortung zu müssig ist, dann vergiss diese Zeilen samt ihren Fragen :-). Wenn nicht, wäre es das Foto wert, ein wenig mehr besprochen zu werden...

Wie schon gesagt, Dir einen guten Start ins Neue Jahr mit vielen tollen Motiven in demselben.

Lieber Gruß,

Roland

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Makronist

Hallo Roland,
eigentlich wollte ich ja an dieser Stelle wirklich nur ein gutes neues Jahr wünschen, und nicht in epischer Breite diskutieren. 
Aber naja, zunächst mal zum Bild: Was mich an der Mikro-Fotografie fasziniert, ist, dass man Dinge entdeckt, mit denen man täglich zu tun hat, ohne zu wissen wie raffiniert und schön sie im wirklich sind. Als Beispiel eben die Stechmücke, mit der jeder sicherlich schon 100te male Blutsbrüderschaft geschlossen hat.
Der Kopf, um ein Vielfaches kleiner als der Thorax (und besteht fast nur aus Augen), dann die physikalischen Farben der Facettenaugen (dies ist nicht bei jeder Art der Fall), im "Genick" sowohl Haare (wie bei Spinnen) als auch Schuppen (wie bei Schmetterlingen), ebenso der Stechrüssel (Haare und Schuppen entgegen der Stechrichtung!), die Kugelgelenke für die Fühler, ganz zu schweigen von der Feinstruktur (feinste Härchen) usw. All dies Dinge, die ich nicht wusste, bevor ich dieses Bild gemacht habe!

Bevor ich deine technischen Fragen beantworte, eine Bemerkung zum Hintergrund:  Mikrofotografie bedeutet immer "Studioaufnahme", d.h. der Hintergrund ist ziemlich beliebig (die Tiefenschärfe des hier verwendeten Objektivs liegt bei 1.6 Mikrometern!). Ich platziere die Objekte auf farbigen Glasplättchen (hier dunkelblau). Dies verschmilzt dann evtl. mit Teilen des Objekt, die viel weiter hinten liegen, und ist nicht immer von hohem ästhetischem Wert. In diesem Fall, weil ich dachte, es passt gut zu Neujahrsgrüßen, habe ich eine Bokeh- Aufnahme mit Domiplan+Teleconverter (ein Trioplan kann ich mir nicht leisten) mit "weichem Licht" untergemischt. Die Mitutoyo Objektive sind für solche Späße natürlich nicht zu haben!
Jetzt zur Technik: Ein Bild sagt hier mehr als Worte (siehe demnächst).
Vorab: (Fast) alle Teile, insbesondere die Objektive, sind GEBRAUCHT (ebay China)  gekauft der Rest ist selbst gebastelt/ programmiert. Die Mitutoyos kosten neu ein Vermögen. Allerdings habe ich mich ca. 2 Jahre lang mit Lupenobjektiven (Zeiss, Canon, Leitz etc.) und Balgen herumgeschlagen, und muss sagen, hier liegen Welten dazwischen!
Im Wesentlichen handelt es sich um Mitutoyo Plan-Achromat- Objektive (1x…100x), die über einen 52mm Tubus an die Kamera angeflanscht sind. Im Tubus befindet sich eine zusätzliche Optik, die die auf unendlich korrigierten Objektive auf die Sensor-Ebene des Fotoapparates abbilden. [Super Abhandlung über Tubuslinsen findet man bei Robert OToole (closeuphotography.com). Bei den Mizutoyos kann man problemlos die Vergrößerung reduzieren, und trotzdem sogar im Vollformat fotografieren, OHNE dabei an Auflösung zu verlieren. Vorteil: Größerer Bildbereich!. Hier habe ich allerdings die nominell 200mm Tubuslinse eingesetzt, so dass der ABM tatsächlich 20:1 ist. Häufig (vor allem bei 50x und 100x) setze ich aber einen Raynox-Achromaten mit 125mm (8 Dioptrien) ein, da ansonsten nur eine "leere" Vergrößerung am Bildsensor entsteht.
Für das Bracketing wird ein 3-D-Tisch mittels eines Schrittmotors und einer Mikrometerschraube in der vertikalen Richtung verfahren (Auflösung 0.1µm).
Wichtig ist die Beleuchtung: Auf den kleinen Alu-Quadern befindet sich jeweils eine 20W LED mit hoher Farbwiedergabetreue (RA > 95). Diese können einzeln positioniert und gedimmt werden. Die Ablaufsteuerung (Synchronisierung von Schrittmotor, LED –Blitzen und Kameraauslösung übernimmt ein Arduino, der über Bluetooth mit einer Smartphone-App parametriert werden kann (links unten, blaues Gehäuse). Die Fernsteuerbarkeit über Funk ist sehr wichtig, da man während des Bracketing-Vorgangs den Raum unbedingt verlassen muss, um über den Boden übertragene Vibrationen zu vermeiden. Die Belichtungszeiten sind –je nach Vergrößerung—bis zu 1/5 sec (!). Am rechten Rand des Fotos steht ein Binokular sowie Präparationsbesteck, um die Objekte auszurichten und zu fixieren.
Günther, noch zu deinen speziellen Fragen: 
Beleuchtung: Wichtig ist natürlich ein zusätzlicher Diffusor, dies ist der weiße Kunststoff-Becher über dem rechten Objektiv, den man herunterziehen kann.

Blende: Wer hier abblendet verschenkt unweigerlich Auflösung! Numerische Apertur 0.42 impliziert eine Auflösung von 0.7 Mikrometer (ca. 1 Wellenlänge!), jede Verkleinerung des Blendendurchmessers bedeutet sofort Detailverlust. Ausnahme sind Streulichtblenden, die ich bei koaxialer Beleuchtung einsetzen (muss))

Stack: Schrittweite 1.6 Mikrometer (entsprechend der Tiefenschärfe), insgesamt waren es ca. 700 Einzelaufnahmen (alle in RAW, da kommt der PC beim Stacken ganz schön ins schwitzen).

Die langen Fühler der Mücke hätten den Stack ins praktisch unendliche geführt, man muss die halt irgendwie im Bokeh verschwinden lassen, oder gibts da bessere Ideen?

Wenn gewünscht, werde demnächst noch ein paar Aufnahmen zur weiteren Illustration hochladen.

Schöne Grüße

Uli

Zur Verdeutlichung der Tiefenschärfe, hier ein Einzelbild. 

Das spannende dabei ist dass man, am Mikroskop sitzend, noch keinen Überblick über das Gesamtbild hat. Das kriegt man erst nach dem Stacking. Fast so spannend, wie früher, in der analogen Fotografie, wo man sein entwickeltes Bild auch erst nach einiger Zeit in Augenschein nehmen konnte!

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ADMIN

Hallo Uli,

absolut klasse! Vielen Dank für diese detaillierten Beschreibungen und aussagekräftigen Fotos.

Verstehe ich Dich richtig, dass Deiner Meinung nach die Mitutoyo-Objektive den Lupenobjektiven von Canon, Zeiss und Co bei weitem überlegen sind? Kannst Du nochmals kurz sagen, warum genau?

Mich hat die "Mikroskop-Welt" schon als Kind fasziniert. Es ist wirklich ein Eintauchen in einen anderen Kosmos. Immer wieder war ich versucht, in diesen Bereich auch fotografisch vorzudringen. Ich denke, irgendwann werde ich das machen, dies ist noch ein weißer Fleck auf meiner Foto-Landkarte :-). Und das es sich im digitalen Zeitalter mehr denn je lohnt, zeigen Deine Fotos.

Vielen Dank für diese phantastischen Einblicke. In das Mückenfoto könnte ich regelrecht versinken...

Lieber Gruß,

Roland

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Makronist

Hallo Roland,

 

eigentlich habe ich mit der Makro-Treff Seite angefangen, um einen Kommentar zu meiner "metallischen Fadenträgerin" zu erhalten (bin sehr stolz drauf, weil die Fühler nicht verwackelt sind!), aber jetzt dreht sich alles um die Mücke (übrigens hat die auch schöne Flügel, die werde ich demnächst nachreichen).

Zu deiner Frage bzgl. der Lupenobjektive: Die sind für analoge Fotoapparate entwickelt worden, hier wäre mehr Auflösungsvermögen (sprich größere NA) schlicht für die Katz gewesen. Die Mitutoyos (und es gibt wohl auch noch Nikons...) sind für die Qualitätssicherung in der Halbleiterbranche gerechnet, mit beugungsbegrenztem Auflösungsvermögen! Eine A7RIII kann, bei richtiger Kombination mit der Tubus-Optik, wirklich jedes Pixel nutzen. Mit einem z.B. Zeiss Luminar ist der Radius der Beugungsscheibchen so groß wie 20 Pixel, als eine "leere Vergrößerung". Darüberhinaus sind die CAs bei den Lupenobjektiven um Größenordnungen stärker ausgeprägt als bei den Mitutoyos (APO-Design eben). Und drittens sind letztere PLANfeld, was sich beim Stacken in den Randbereichen bemerkbar macht.

Wie erwähnt kann man die Mitutoyos, quasi "out of Spec" - mit einem kleinerem als dem nominellen Vergrößerungsfaktor betreiben, und hat immer noch eine passable Randschärfe trotz Vollformat!

Ich hänge mal 2 Bilder von ein und demselben Schmetterlingsflügel (Pfauenauge) an (sorry, den habe ich vor Jahren auf dem Garagenboden (falsch herum liegend, natürlich) gefunden, entsprechend verdreckt ist er (übrigens ein generelles Problem der Mikrofotografie!).

 

Beim Mitu 20x NA 0.42 habe ich ein 125mm (Raynox) Linse verwendet, deshalb ist der ABM nur 12.5 : 1. Du kannst mal reinzoomen, vor allem in die semitransparenten Bereiche. Je mehr man zoomt, um so mehr sieht man! ( mal abgesehen von den lästigen Halos der Methode B). Ganz anders beim 2. Bild mit einem Zeiss Luminar 25mm und Balgengerät (vom selben Flügel) aufgenommen. Durch Zoomen wirds hier eher häßlicher, von den CAs ganz zu schweigen! 

Bedenkt man dann noch, dass man z.B. für ein 10x Mitutoyo M Plan Apo ca. € 400.- (gebraucht) hinlegt, die alten Zeiss Luminars aber auch auf ebay  in der selben Preisklasse daherkommen... Außer man will hier auch "Vintage Mikrofotos" machen, wems gefällt...

 

Schöne Grüße

Uli

 

P.S. Wie ich sehe, kann man auf der Plattform nicht voll in die Bilder reinzoomen (man erhält sogar Moire-Muster bei den Schmetterlingsschuppen!) Ich hänge deshalb noch einen Ausschnitt dazu!

 

 

 

Der ABM ist hier  nur  125/200*20:1 = 12.5:1, Trotz dieser "Gesichtsfelderweiterung" hat man ein Auflösungsvermögen von 0.7 Mikrometer (ca. 1 Lichtwellenlänge!!!)

Vintage Mikro-Foto ! (zugegeben mit der Sony A6300 (der Pixelpitch ist hier noch kleiner als bei der A7rIII, und somit ist das Bild noch nutzloser "oversampled"), aber das macht hier keinen großen Unterschied.

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ADMIN

Hallo Uli,

nach längerer Auseinandersetzung mit Deinen Fotos werde ich immer, wie sagt man so schön, angefixter :-). Neben dem von Dir eingestellten Springspinnen-Porträt ist auch dieses Stechmückenfoto absolut faszinierend und zeigt eine Mikrowelt in einer Form, die gleichermaßen außergewöhnlich wie attraktiv ist. Ich möchte es gerne in die Top-Galerie verschieben.

GRATULATION zu diesem Top-Foto!

So, nun gehe ich weiter auf Entdeckungsreise auf diesen beiden Fotos. Wenn ich sie auf volle Größe hochziehe, entdecke ich immer wieder etwas Neues – und das auch noch mit einer enorm hohen Ästhetik!

Lieber Gruß,

Roland

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