breitblättriges Knabenkraut

Mit diesem ersten Foto möchte ich Hallo sagen und freue mich auf euer Interesse an meine Fotos und einen regen Austausch.

Jetzt ist ja die Zeit der heimischen Orchideen. Auch in den etwas höheren Lagen in Sachsen beginnt die Blütezeit der Orchideen. So habe ich mich gestern mit meiner Fotoausrüstung auf den Weg zu den Wiesen mit dem breitblättrigen Knabenkraut, auch Kuckucksblume genannt (lat. Dactylorhiza majalis) gemacht. Es war der perfekte Zeitpunkt, die Pflanzen beginnen zu blühen und das Gras rings herum ist noch nicht zu hoch.

Kommentarbereich

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ADMIN

Hallo Andrea,

herzlich willkommen bei Makrotreff!

Es ist eine sehr schöne Phase, wenn sich bei Orchideen die ersten Blüten öffnen. Genau diese Phase hast Du erwischt. Schauen wir uns das Foto genauer an:

Licht

Während der Aufnahme herrschte ein seltsames Licht. Einerseits sind keine starken Schatten zu erkenne, andererseits reflektieren die gefleckten Blätter das Himmelslicht stark. Und die leicht nach unten geneigten offenen Blüten liegen in einem diffusen Schatten. Alles zusammen dämpft ein wenig die Brillanz des Fotos.

Dies kann aus verschiedenen Ursachen heraus resultieren. Eine nachträgliche stärke Aufhellung dunkler und Abdunklung hellerer Bildbereiche beispielsweise führt genauso wie ein diffus bewölkter, aber heller Himmel zu solchen Wirkungen.

LÖSUNG:
Um hier entgegenzuwirken, muss man in das Licht eingreifen, genauer gesagt in die Qualität des Lichts. Und hier kann ich nicht genau sagen, welche Maßnahme die richtige gewesen wäre – weil ich eben die Ursache nicht genau kenne. Gegebenenfalls hätte eine stärkere Abschattung die diffusen Reflexe auf den Blättern aufgehoben oder geschwächt. Vielleicht aber auch hätte bereits eine Änderung des Aufnahmewinkels diese Reflexe zumindest leicht geschwächt.
Ein Reflektor hätte zusätzlich etwas mehr Licht und damit auch Brillanz in die leicht nach unten geneigten offenen Blüten gegeben. In solchen Fällen muss man vor Ort ein wenig rumexperimentieren und dabei die Auswirkungen auf das Licht beobachten.
Auch eine nachträgliche leichte Aufhellung der unteren Blüten hebt sie aus ihrem diffusen Schatten heraus. Dies wird aber am Gesamteindruck des flachen Lichts nichts ändern.

Ich spreche hier bei den Änderungen von Nuancen, die aber in ihrer Summe dazu führen sollen, das (zu) flache Licht im Bild anzuheben. Es kann allerdings durchaus sein, dass sie nicht zum Erfolg führen. Es gibt nun mal sehr unterschiedliche Lichtarten, je nach Sonnenstand, Bewölkung usw. Die einen sind bei der Fotografie besonders gut, andere hingegen eher weniger gut geeignet. Wichtig ist, dies zu erkennen.

Schärfe / Schärfentiefe

Du hast das Foto mit der offenen Blende 2.8 gemacht. Dadurch wird zwar der Hintergrund angenehm beruhigt. Aber von dem Blütenstand des Knabenkrauts sind tatsächlich nur die unteren Blüten in der schmalen Schärfeebene – und selbst die nicht komplett. Die obere Hälfte des Blütenstands befindet sich hinter der Schärfeebene und ist somit unscharf. Seine äußere Umrandung stellt aber eine starke Kontrastkante vor dem beruhigten Hintergrund dar. Und die sollte scharf sein!

LÖSUNG:
Ein Schließen der Blende hätte dieses "Problem" zwar gelöst, gleichzeitig aber auch den Hintergrund weniger stark beruhigt. Ein Abblenden auf Blende 5.6 hätte hinsichtlich der Schärfe ausgereicht. Dabei hätte man den Hintergrund beobachten müssen, ob er zu unruhig wird.

Allerdings bringt der Bereich in unmittelbaren Umfeld der Orchidee bereits eine größere Unruhe ins Bild. Die Gräser, hier insbesondere die geraden Kanten abgerupfter Gräser sowie die hellen Linien abgestorbenen Gräser, lenken den Betrachterblick jetzt bereits recht stark ab. Eine weitere Blendenschließung hätte dies alles verstärkt.

Trotzdem muss irgendwie mehr Schärfentiefe her. Betrachten wir hierzu einige Aspekte:

Die Königsdisziplin wäre Fokus Stacking mit Blende 2.8. Die Beibehaltung der Blende belässt den beruhigten Hintergrund und bringt nicht noch mehr Unruhe ins unmittelbare Umfeld des Knabenkrauts.

Als Alternative bleibt, die Blende zu schließen; irgendwoher muss das Mehr an Schärfentiefe kommen. Nun muss man vor Ort entscheiden: Ist es möglich, den einen oder anderen insbesondere trockenen, hellen Halm vorsichtig zu entfernen? Das kann natürlich nicht darin enden, dass das Umfeld um das Knabenkraut herum völlig kahl gerupft wird. Solche Stellen und auch plattgedrückte Liegebereiche um insbesondere Orchideen herum sieht man leider zuhauf. Sie schaden den Pflanzen in der Regel sehr stark, nicht zuletzt, weil sie mit starken Verdrückungen und Verdichtungen des Bodens einhergehen, in dem häufig weitere frisch gekeimte Jungpflanzen oder kleine Blattrosetten stehen, die dadurch geschädigt werden. Dazu darf es nicht kommen. Hier sollte man also sehr behutsam Abwägen.

Und dann kommt die letzte Alternative ins Spiel:

das Fotografieren des ausgewählten Exemplars aufgeben und ein anderes suchen, das unter fotografischen und naturschutzfachlichen Gesichtspunkten günstiger steht.

Diese Alternative ist eine sehr wesentliche bei der Fotografie von Pflanzen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich nicht jede Pflanze gut fotografieren lässt (was übrigens auf so gut wie alle anderen Motive genauso zutrifft). Gute Fotos bedingen gute Ausgangslagen. Die Kunst ist es, diese zu erkennen. Eine weniger gute Ausgangslage umzuformen in eine gute geht sehr schnell in zu starke Beeinträchtigung für die Pflanze und ihre Umgebung über und scheidet damit aus.

Es mag sein, dass dies nun alles nicht sonderlich befriedigend für Dich klingt. Aber hier wird deutlich, wie wichtig die Motivinterpretation am Anfang des Fotografierens steht. Hierzu gehört eine Analyse des bestehenden Lichts genauso wie die kritische Betrachtung des unmittelbaren Umfelds und des Hintergrunds einer Pflanze. Erst, wenn diese Voraussetzungen günstig sind, besteht die Chance auf ein gutes Foto.

Das heißt nicht, dass dieses Foto nicht gut ist. Aber es bestehen hinsichtlich Licht um Umfeld Verbesserungsmöglichkeiten. Ich hoffe, die kann ich Dir mit meinen Zeilen aufzeigen.

In diesem Sinne weiterhin "Gut Licht",

Roland

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Makronist

Hallo Roland,

vielen Dank für dein sehr ausführliches Feedback zu meinem Foto. Das Licht am vergangenen Sonntag war wirklich eigenartig. Es war zwar bewölkt, aber doch sehr hell. Vermutlich hätte da der Einsatz eines Reflektors etwas helfen können. Ich habe mir das Foto nochmal vorgenommen. Das nachträgliche Bearbeiten der Lichter bringt keine Verbesserung.

Ich werde versuchen deine Hinweise bei meinen nächsten Fotos zu beachten bzw. sie umzusetzen... und keine Sorge, ich weiß, wie ich mich in Naturschutzgebieten zu verhalten habe.

Viele Grüße

Andrea

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