Gänseblümchen mit Gastkäfer

Wenn man durch ein Lydith 30mm 3.5 auf eine Pflanze schaut, übersieht man oftmals die kleinen Bewohner der Pflanze, selbst wenn das Objektiv sein bestes tut, um das Unscheinbare in den Mittelpunkt zu stellen. Kann mir jemand sagen, um wen es sich hier handelt?

Viele Grüße

Mainecoon

Kommentarbereich

Profile picture for user Flora1958

MOD

Guten Morgen, Mainecoon!

Ich traue es mich  kaum zu schreiben, aber ich fürchte dein Käfer hat sich als Blattlaus verkleidet.

Ich wünsche Dir noch ein schönes, sonniges und erholsames Wochenende.

Herzliche Grüße

Gabi

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Makronist

Hallo Gabi,

Blattlaus war auch mein erster Gedanke, doch dann sah ich die ungewöhnlich langen und nach hinten gebogene Fühler, wie bei einem Bockkäfer. Das kenne ich von den anderen Blattläusen in meinem Garten nicht. Ein Plasierchen des Tierchen?

Auch dir ein schönes Wochenende!

Herzliche Grüße

Mainecoon

 

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MOD

Grüß Dich Mainconne,

den Schnitt und den Hintergrund mag ich sehr. Die Schärfeebene hätte ich aber weiter nach vorne gesetzt. Bei Blümchen ist es wie bei der Aktfotografie, die sekundären Geschlechtsmerkmale sollten scharf sein * lach, duck und weg*

Servus
Wolfgang

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Makronist

Lieber Wolfgang,

ich fürchte, über deine Definition von Aktfotografie könnten wir jetzt streiten. Doch das ist hier nicht das Thema.

Ein Thema dagegen ist dein Hinweis auf Vorverlegung der Schärfeebene. Den Gedanken kann ich sofort verstehen, immerhin nimmt das Gänseblümchen mit all seinen Ausprägungen den wichtigsten Teil des Bildes ein.

Aber: Sagt nicht Roland, dass Tier Pflanze schlägt? Sprich, dass der Mensch eher das Tier als die Pflanze für wichtiger erachtet? Und soll nicht in der Makrofotografie das Wichtigste am Motiv scharf gestellt sein?

Was also tun, wenn der Fotograf ein Tier in seinem Lebensraum zeigen möchte, das besonders klein ist? Eine Situation, der wir ja nicht gerade selten begegnen. Muss er dann zwei Bilder machen, eines mit dem Tier ganz groß, das andere mit dem Lebensraum? Den Lebensraum deutlich beschneiden? Die Unschärfe des gesamten Lebensraums hinnehmen, um das Auge mittels Schärfe auf das Tier zu lenken?

Für mich ist das keine Elfenbeinturm-Auseinandersetzung, sondern eine Frage von Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Daher würde ich mich über Meinungen anderer sehr freuen - und natürlich auch von Roland!

Freundliche Grüße

Mainecoon

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MOD

Hallo Mainecoon,

wenn man in eine Bildbesprechung geht, gibt es für mich erst einmal kein richtig oder falsch. Das liegt mit daran, da es schon zwei komplett unterschiedliche Dinge sind, ob ich ein Bild schaffe oder es betrachte. Du als Fotograf hattest wie Du schreibst die Absicht das kleine Krabbeltier zu zeigen. Die Blüte war für Dich "Lebensraum" also Bühne für Dein Objekt der Begierde. Ich als zufälliger Betrachter des Fotos sehe erst einmal eine Blüte und dann in Schritt 2 (auch auf Grund des Titels) das kleine Tier. Wir "sehen" hier also komplett unterschiedlich. Das "sehen" ist in Anführungszeichen gesetzt weil es hier nicht nur um die optische Erfassung sondern auch um die Verarbeitung dieses Sehens geht. Das auch zu Deiner Frage nach der Gewichtigkeit von Tier und Blüte. Wenn ich das Tier als Hauptmotiv erkenne, wird meine Erwartung eine gewisse Grundschärfe darauf sein. Wenn ich das Tier eben nicht als Hauptmotiv erkenne, sondern stattdessen die Blüte, werde ich die Schärfe dort suchen. 
Wie schon eingangs gesagt, zwei Sichten und eine ist so richtig oder falsch wie die andere.

Servus
Wolfgang

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Makronist

Hallo, Wolfgang,

deine Sichtweise des "Sehens" teile ich, wenn es um die Besprechung von "künstlerischen" Fotos geht. Mir geht es hier aber um die reine Darstellung. Durch u.a. die Schärfe kann ich den Betrachter dahin manipulieren, dass er sich das anschaut, was ich als Fotograf in den Fokus genommen habe. Was aber ist, wenn das Motiv so klein ist wie hier? Wenn nach technischen und grafischen Aspekten ein Bild "korrekt" ist und dennoch seine Absicht verfehlt? Gibt es einen Weg, das zu verhindern? Oder muss das Bild dann als misslungen bezeichnet werden, weil es sich nicht auf einen Kompromiss einlässt (Schärfeebene anders legen; Lebensraum deutlich beschneiden)?

Freundliche Grüße

Mainecoon

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MOD

Hallo Maincoone,

vieleicht verstehe ich es auch einfach nicht. Für Dich ist es ja so wie Du es willst und das ist auch gut so. Dass das Publikum, also die Gänze der Betrachter diesen winzigenTeil des Bildes nicht als das zentrale Element erkennen werden ist zu befürchten. Wenn jetzt das Bild nicht selbsterklärend ist, können Worte hilfreich sein. Ein Titel wie "kleine Laus in ihrem Lebensraum" setzt das Tier in den Mittelpunkt. Gänseblümchen mit Gast, da ist für mich die Blüte der Hauptdarsteller.

Ich glaube jetzt nicht daran, dass Du das fototechnisch lösen kannst. Ein Beschnitt würde die Weite des Lebensraums ja nicht mehr wiedergeben, also Deine Absicht konterkarieren. In einem Druckwerk verwenden Grafikdesigner manchmal eine eingeblendet "Lupe".

Servus

Wolfgang

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MOD

Hallo Mainecoon und Wolfgang,

ich habe auch zuerst die Blüte gesehen und als unscharf wahrgenommen. Da das Bild in der Vintage Galerie eingestellt war und Artenfrage nicht darüber  stand, schaut man sich zuerst die Blüte und das Umfeld an. Wie hat  das Obi gemalt usw. Das Tierchen darauf sieht man erstmal nicht.

Was haltet ihr davon, einfach mal für den Zweck der Tierdarstellung die Blende  weiter zu schließen. :-) Dann klappt es auch mit der Schärfe von Tier, Blüte und Umfeld. Und das Lydith schafft das allemal in bester Qualität. *schmunzel

Liebe Grüße

Gabi

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MOD

Grüß Dich Gabi,

das war auch eine meiner ersten Ideen. Wenn es ein Doku sein soll darf es ja auch ein normales Glas sein. Auch ein Bild mit dem Handy, wäre möglich, das würde dann fast alles scharf ablichten, auch den Hintergrund. Allerdings würde das kleine Tierchen in der Menge der Details noch mehr untergehen. Die tolle Lösung des Problems kann ich leider nicht anbieten.

Servus

Wolfgang

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ADMIN

Hallo Mainecoon,

Du hast ein Pflanzenfoto eingestellt – oder ein Tierfoto? Der Titel spricht für Tier-, das Foto selbst zumindest auf den ersten, zweiten und dritten Blick für Pflanzenfoto. Diese Problematik ist oben bereits angesprochen worden.

Deine Frage geht nun dahin, ob auch bei diesem Bild das Prinzip Tier toppt Pflanze gilt, ob es entsprechend umgesetzt ist und wie es gegebenenfalls besser umzusetzen wäre.

Um es vorweg zu nehmen: So, wie Du das Foto oben gemacht hast, ist es nicht besser umzusetzen! Bei diesem Abbildungsmaßstab, aus diesem Winkel und fotografiert und dann noch mit einem Vintage-Objektiv geht das beim besten Willen nicht. Wir schauen uns die Gründe detailliert an:

Was ist gegeben?

Ein Fotograf sollte sich vor der Erstellung eines Bildes überlegen, was er fotografieren möchte; die Bildidee steht am Anfang. Hier war Deine Bildidee: kleines Tier (Blattlaus) in seinem Lebensraum.

Im zweiten Schritt muss nun überlegt werden, womit man wie diese Idee umsetzt – anders formuliert: mit welchem Objektiv man im welchem Maßstab, von welcher Perspektive und welchem Winkel aus man fotografiert usw. Und bei aller Liberalität und aller "Freiheit" seitens des Bildautors, hier gibt es einige objektive Kriterien, die zu beachten sich – zumindest dann, wenn man das Foto anderen Bildbetrachtern zeigen möchte. Denn dann müssen Kriterien der Bildwahrnehmung beachtet werden. Fotografiert man nur für sich selbst, kann man sich natürlich auch darauf beschränken, was man selbst wahrnimmt, und hierbei die eigenen Emotionen und Vorstellungen zum Zeitpunkt der Entstehung der Aufnahme voll und ganz wirken lassen. Zeigt man sein Foto anderen Betrachtern, fällt dies weg. Dann gelten verstärkt zusätzliche objektive Kriterien.

Das bedeutet, dass bei der Bildidee "kleines Tier in seinem Lebensraum" dem Bildbetrachter eine attraktive und relativ rasch zu erfassende Möglichkeit gegeben werden muss, das (kleine) Tier zu entdecken. Das ist bei Deinem Bild oben nicht unbedingt gegeben. Als erstes entdeckt der Betrachter die Pflanze. Gut, das ist erst einmal auch nicht weiter "schlimm", schließlich gibt es ja noch den Bestandteil "in seinem Lebensraum" in Deiner Bildidee. Nun muss aber zumindest "in zweiter Instanz" der Blick zum Tier gelenkt werden.

Damit sich dieser auch bei einer solch geringen Größe des Tiers gerne dorthin lenken lässt, gibt es fotografische Hilfsmittel. So kann man beispielsweise durch ein attraktives, anziehendes Licht den Betrachterblick auf ein kleines, aber wichtiges Bilddetail lenken, oder mittels eine sauber gelegten, hohen Schärfe, oder einer interessanten oder sogar spektakulären Perspektive des Tiers zu seinem Lebensraum, oder, oder, oder...

Und jetzt sind wir beim Kern des "Problems" beim Bild oben angekommen. Keine der Möglichkeiten, die die Fotografie bietet, "hilft" dem Bildbetrachter, Deine Bildidee zu "sehen", zumindest den Teil der Bildidee mit der kleinen Laus. Die Laus ist sehr klein, ok, aber sie ist weder in einem attraktiven Licht, noch in einer schneidenden Punktschärfe oder kann durch irgend etwas anderes punkten; sie geht im Bild unter.

Wie kann man Deine Bildidee umsetzen?

Objektiv-Wahl

Vieles ergibt sich bereits aus oben Beschriebenem. Der erste Ansatz wäre eine andere Optik. Mit den Vintage-Objektiven malen wir – auf Kosten ihrer Punktschärfe. Die brauchen wir aber, ohne wenn und aber, wenn wir diese kleine Laus in Ihrem Lebensraum  (Bildidee!) fotografieren wollen. Dies Möglichkeiten, dies mit einem Vintage-Objektiv umzusetzen, stellen absolute Ausnahmen dar und müssen gelernt werden.

Erst mal muss also ein modernes, hochkorrigiertes Objektiv gewählt werden, damit das Prinzip funktioniert, mittels einer hohen Punktschärfe den Betrachterblick auf diesen sehr kleinen Bestandteil des Hauptmotivs zu lenken.

Perspektive

Zum weiteren muss die Perspektive überdacht werden. Die von Dir gewählte Perspektive ist eher ungünstig; dies wird bereits aus den oben geschilderten Empfindungen verschiedener Bildbetrachter deutlich. Der "helle, unscharfe Fleck" im Vordergrund – die Röhrenblüten der Pflanze, dominieren das Bild sehr stark. Sie ziehen den Betrachterblick stark an, obwohl sie nichts mit der Bildidee zu tun haben; sie sind weder das "kleine Tier" noch der "große Lebensraum", sondern nur ein Teil von diesem, neben weiteren.

Es ist also ein objektiver Aspekt, dass diese Ausgangssituation ungünstig ist. Es besteht die Möglichkeit, die Perspektive dahingehend zu ändern, dass entweder Teile der gelben Röhrenblüten mit in die Schärfeebene rutschen, in der auch die kleine Laus ist. Oder die Laus wird so ins Bild gesetzt, dass sie vor den gelben Röhrenblüten sitzt. Diese ziehen sich dann in die Unschärfe des Hintergrunds zurück, sind also als "großer Lebensraum" weiterhin im Bild, dominieren aber die Laus nicht, vor allem nicht in einer wenig attraktiven, unscharfen Form.

Abbildungsmaßstab

Natürlich darf bei Deiner formulierten Bildidee der Abbildungsmaßstab nicht zu groß ausfallen; ein Porträt der Laus würde ihre Kleinheit im Lebensraum nicht zur Geltung bringen. Anders herum darf aber der Abbildungsmaßstab auch nicht so klein gewählt werden, dass das Foto zum Suchspiel nach dem Protagonisten wird – und wenn doch, dann sollte er spätestens dann "leuchten", wenn er entdeckt wurde. Die Größe des für die Umsetzung der formulierten Bildidee geeigneten Abbildungsmaßstabs hängt also auch von den übrigen schon genannten Faktoren wie Licht, Schärfe und so weiter ab. Je weniger unterstützende Faktoren zusammenkommen, desto größer sollte der Abbildungsmaßstab sein – wobei es hier, und das ist wichtig festzustellen, immer auf den Einzelfall ankommt!

Diese Punkte stellen nur einen Teil der Faktoren dar, die bei der Umsetzung Deiner Bildidee eine Rolle spielen. Das Ganze noch umfassender zu erörtern, würde den Rahmen hier bei Makrotreff sprengen. Aber ich denke, zumindest die "Richtung" einer möglichen Herangehensweise wird deutlich.

Um das alles noch deutlicher zu machen, hänge ich ein paar Fotos an, die sehr kleine Insekten, ebenfalls nur wenige Millimeter groß, auf einer Blüte zeigen – alle fotografiert mit modernen Objektiven. Sie machen insbesondere die Auswirkungen der Punkte Schärfe, Klarheit/BrillanzKontrastePerspektive und Abbildungsmaßstab deutlich. Klar, hier kommt der Lebensraum nicht in dieser Größe zur Geltung wie bei Deinem Foto oben. Aber die Größe des Insekts zur Blüte wird deutlich – und damit ist eine Einschätzung seitens des Bildbetrachters möglich.

Fazit

Befinden sich Tiere auf Pflanzenteilen, gilt das Prinzip Tier toppt Pflanze – dies leitet sich objektiv von der Art der menschlichen Wahrnehmung ab. Das heißt aber nicht automatisch, dass der Bildbetrachter zwingend und vor allem auch gerne zuerst das Tier auf der Pflanze "entdeckt". Es gibt mehrere fotografische Parameter, mit denen nun der Fotograf diesem Umstand – nämlich dass in der Wahrnehmung des Bildbetrachters das Tier die Pflanze toppt – gerecht werden muss. Auf einige wichtige dieser Aspekte und Möglichkeiten bin ich oben eingegangen.

Liebe Grüße

Roland

Brackwespe auf Zungenblütenblatt;
Auch hier sind, wie bei Deinem Foto, die gelben Röhrenblüte unscharf im Vordergrund. Die kleine Wespe wird jedoch (trotz ihrer Kleinheit) aufgrund der vorliegenden Kontrastsituation und ihrer bildwirksamen Position im Goldenen Schnitt rasch vom Bildbetrachter entdeckt – und ihre Kleinheit auch als solche erkannt. Der Maßstab ist hier, wie auch bei den folgenden Fotos, deutlich größer.
 

Hier sitzt die winzige Mücke vor den gelben Röhrenblüten, die sich unscharf in den Hintergrund zurückziehen.
 

Eine sehr kleine Bohrfliege. Beachte die Perspektive. Ihre Kleinheit wird durch die sie umgebenden Blütenteile erkennbar: weiße Zungenblütenblätter und unscharfe, gelbe Röhrenblüten in einem großen Bereich hinter der Fliege.
 

Ein ganz anderes Beispiel:
Die Abbildungsgröße dieser Schwebfliege ist sehr gering. Dennoch wird sie sofort gesehen, ohne dass Ihre Einbindung als kleine Fliege auf einem großen Blatt verloren geht. Gründe hierfür: farblicher Unterschied, Schärfelage exakt auf den Augen und Positionierung im Goldenen Schnitt.

Dies alles führt zur Unterstütztung des Prinzips Tier toppt Pflanze.

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