Schwalbenschwanz, Papilio machaon

Das Schmetterlingssterben (Teil 1)

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Das Schmetterlingssterben (Teil 1)

Mi., 27/07/2016 - 20:32
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In Deutschland sind bisher ca. 3700 Schmetterlinge bekannt, wobei die Tagfalter mit etwa 190 verschiedenen Arten, nur einen geringen Anteil haben. Doch diese heimische Artenvielfalt ist stark bedroht.

Leben ist nicht genug,
sagte der Schmetterling.
Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume
muss man auch haben!

Hans Christian Andersen.

Wer kennt sie nicht, die meist farbenprächtigen Falter die mit ihrem charakteristischen Taumelflug über die Wiesen streifen, immer auf der Suche nach süßem Blütennektar. Dabei wird eine Vielzahl an verschiedenen Blüten angeflogen und damit wichtige Bestäubungsarbeit geleistet. Zahlreiche Pflanzen haben sich mit ihrem Blütenaufbau ganz auf Schmetterlinge spezialisiert und könnten ohne die Falter nicht existieren.

Wann hast Du das letzte Mal einen großen Schmetterling wie den Schwalbenschwanz oder Kaisermantel gesehen? Wann das letzte Mal einen Bläuling?

In Deutschland sind bisher ca. 3700 Schmetterlinge bekannt, wobei die Tagfalter mit etwa 190 verschiedenen Arten, nur einen geringen Anteil haben. Doch diese Artenvielfalt ist stark bedroht. Nimmt man die vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) „Rote Liste gefährdeter Tiere“ als Datengrundlage, so gelten 80 % der Schmetterlinge als gefährdet.

Das Schreckensszenario

The European Grassland Butterfly Indicator shows that butterfly numbers on grasslands have decreased by almost 50 %. What does this mean for Europe's biodiversity? (EEA, 2013)

Zu einem ähnlich erschreckenden Szenario kommt auch eine aktuelle Studie (Juli, 2013) der EEA (European Environment Agency). Die Ergebnisse wurden im sog. „European Grassland Butterfly Indicator“ Bericht vorgestellt. Seit 1990 – 2011 wurden in 19 verschiedenen europäischen Ländern (Niederlande, Frankreich, Deutschland, Belgien, Russland uvm.) der Bestand von 17 Schmetterlingsarten beobachtet. Das Ergebnis ist niederschmetternd: 8 von 17 Arten zeigen einen signifikanten Rückgang der Populationen. Damit sind die Bestände seit 1990 im Schnitt um fast 50 % (!) geschrumpft. 

Selbst Nicht-Biologen fällt auf, dass die Vielfalt und die Anzahl der heimischen Falter massiv abgenommen haben. Doch auch so besorgniserregend dieser Prozess auch ist, es passiert schleichend und völlig unbemerkt von der breiten Masse. Die Medien berichten lieber über aussterbende Eisbären. Das zieht mehr. Dabei muss man gar nicht in ferne Länder blicken, das Aussterben findet hier statt, genau vor unserer Haustüre und das in einem Ausmaß, dass einen verzweiflen lässt. Eine Welt ohne Schmetterlinge? Das könnte bald traurige Realität werden.

 

Das stille Aussterben

Das in Monokulturen wie wir sie heute beispielsweise beim Mais oder Raps vorfinden, keine hohe biologische Vielfalt herrscht ist, mittlerweile allgemein bekannt, doch gottseidank gibt es ja eine Menge an Naturschutzgebieten, dort müssten sich die Falter doch wohl fühlen und fleissig verbreiten? Das Gegenteil ist der Fall auch in den untersuchten Naturschutzgebieten wie zum Beispiel am Kaiserstuhl oder in den Orchideenwiesen am Bollenberg im Elsass, nimmt die Vielfalt der Falter rapide ab. Der beste "Indikator" für das große, stille Insektensterben ist die Windschutzscheibe. War diese nach sommerlichen Fahrten vor 10-30 Jahren noch heftig "insektenverschmiert", so ist sie mittlerweile erschreckend "sauber".

„Ich untersuche die Tag- und Nachtfalter in der Oberrheinebene seit 30 Jahren regelmäßig und sowohl die Artenzahlen als auch die Faltermengen gehen insgesamt stark zurück. Es fällt auf, dass auch Wiesen, die selbst nicht zerstört wurden, aber in der Agrarlandschaft unmittelbar den Randeinflüssen der gespritzten Kulturen ausgesetzt sind, nur noch von wandernden Faltern besucht werden. Wiesen im Wald sind oft noch nicht so betroffen. Die bunten Wiesen der Hochwasserdämme in der Aue sind vom Wald abgeschirmt und geschützt und darum immer noch Falter-reich. Im Kaiserstuhl haben sich einige Arten nur noch in den windgeschützten Tälern gehalten. Da wundert man sich natürlich nicht, dass neben Schmetterlingen und anderen Insekten auch Singvögel und Fledermäuse selten werden.“ sagt Jörg-Uwe Meineke, Schmetterlingsexperte und ehemaliger Leiter des Referats für Naturschutz und Landschaftspflege im Regierungspräsidium Freiburg

Die Gründe

Die Ursache für den drastischen Rückgang der Schmetterlingspopulationen ist vielfältiger Natur. Als einer der Hauptgründe dürfte die intensive Landwirtschaft, mit all ihren Pestiziden und Düngemittel, verantwortlich sein. Zum anderen nimmt das zu häufige oder zu frühe Mähen von Wiesen, den Schmetterlingsraupen die Zeit sich zu entwickeln. Doch das Mähen ist nicht per se schlecht für die Tiere, im Gegenteil auf Flächen die für die Landwirtschaft unrentabel geworden sind, kommt es zu einer massiven Verbuschung und die für die Schmetterlinge wichtigen Blütenpflanzen gehen zurück. Doch der Lebensraum der Falter wird immer weiter eingeschränkt, artenreiche Wiesen werden bis zum letzten Rand in Agrarflächen umgewandelt und die Wiesen die übrigbleiben werden überdüngt, damit nur saftiges Gras und Löwenzahn für das daraus gewonnene Viehfutter übrigbleibt.

Waldränder sind Mangelware

Auch der in vielen Wäldern mittlerweile zu beobachtende nahtlose Übergang von Wald zu landwirtschaftlichen Anbauflächen und der demzufolge fehlende wichtige, blütenreiche Waldrand sorgen dafür, dass der Lebensraum der Schmetterlinge zunehmend schwindet. Der Einsatz von Chemikalien in der Forstwirtschaft tut sein Übriges.

Trend zu exotischen Pflanzen

Viele Parks und Gärten schmücken sich gerne mit einer Vielzahl an exotischen Pflanzen. Diese sind zwar meist schön anzuschauen, nützen den heimischen Schmetterlingen jedoch nicht.

"Der dramatische Rückgang der Wiesenschmetterlinge sollte die Alarmglocken läuten lassen. Im Allgemeinen schrumpfen Europas Graslandschaften. Wenn wir es nicht schaffen, diese Lebensräume aufrecht zu erhalten, könnten wir viele dieser Spezies für immer verlieren. Wir müssen die Bedeutung von Schmetterlingen und anderen Insekten anerkennen. Die Bestäubung, die sie leisten, ist essenziell für natürliche Ökosysteme und die Landwirtschaft.“ Hans Bruyninckx, EUA(Europäische Umweltagentur)-Exekutivdirektor

Was tun?

Wer etwas für die Falter tun will, sollte einen entsprechenden Lebensraum in seinem Garten schaffen. Und noch viel wichtiger aber wäre es, so sagt der Insektenexperte Frank Baum, dass die Politik eingreift. Wie? Indem sie Brachflächen in der Landwirtschaft oder bunte Ackerstreifen staatlich fördert. Das wäre ein guter Anfang und Anreiz.

In der Broschüre „Wie helfe ich den Schmetterlingen“ vom BUND finden sich zahlreiche Informationen über das Anlegen eines schmetterlingsfreundlichen Gartens.

 

Das Schmetterlingssterben Teil 2:

Apollofalter

Lies in Teil 2 wie sich das Sterben der Schmetterlinge auf das gesamte Ökosystem auswirkt...

 


Mithelfen:

Tagfalter Monitoring

Weitere Informationen:

Broschüre des BUND: „Wie helfe ich den Schmetterlingen

BUND "Schmetterlinge in Gefahr"

The European Grassland Butterfly Indicator: 1990 - 2011

Vielen Dank an Andreas Kolossa für die Falter Fotos!

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