Ich werde oft gefragt, wie ich auf die Ideen zu meinen Arbeiten komme. Ganz einfach: Ich lasse mich inspirieren.
Es war vor einem Jahr. „Ein Männlein steht im Walde“, der Film über die Hagebutte, war gerade abgeschlossen und ich auf der Suche nach einem neuen Thema. Seit vielen Jahrzehnten fotografiere ich Tiere und Pflanzen. Wie eine buchstäblich neue Sichtweise hineinbringen?

Als ich darüber mit einer Freundin sprach, erzählte sie mir etwas unerwartet, dass sie einst nach langem Zögern eine Fotografin gebeten hatte, Aktfotos von ihr zu machen – „und ich bin weiß Gott keine Schönheit!“ Die Bilder hätten sie tief berührt, weil sich die Kamera so behutsam und liebevoll ihrem Körper genähert hatte.

Die Interaktion von Körper und Kamera sei, so die Freundin weiter, „wie der Beginn eines Liebesspiels gewesen, sanft, bewundernd, fast zärtlich".
Ich sagte nichts, ließ vielmehr diese außergewöhnliche Beschreibung in meiner Vorstellung Form annehmen.
Dann kam die (!) Frage:
"Kannst du nicht mal eine Pflanze so fotografieren? Sie in allen Einzelheiten und aus ungewöhnlicher Perspektive zeigen? Langsam dich vom Übergang des Bodens in den Stiel hocharbeitend zu den Blättern, ihre Äderung, Kanten und Muster zeigend, sie umschmeichelnd, die Blütenblätter von unten hoch zur Knospenspitze, um schließlich in den Blütenkelch einzutauchen?“

…

…?

Wouw…!

Zu Beginn der letztjährigen Krokusblüte begann ich mit dem Projekt, und ich erkannte, dass die Umsetzung gar nicht so einfach war. Denn ich wollte diese außergewöhnlichen Überlegungen so genau wie möglich umsetzen. Es ist praktisch unmöglich, einen Krokus wirkungsvoll von unten zu fotografieren. Nachdem ich sogar die Erde unmittelbar neben einem Krokus ausgehoben hatte, um die Kamera auf "Unter-Null-Niveau" zu bringen 😊, erkannte ich, das dies unmöglich ist. Und das "Umschmeicheln" mit der Kamera ist mehr ein Flirten als ein Fotografieren.
Flirten mit einem Krokus – geht das?
Ja, das geht!

12 Monate und knapp 1000 Fotos später freue ich mich, einen neuen Film vorstellen zu können, wie immer begleitet von den Klängen des Komponisten Kai Arend: „Little Princess“, eine Huldigung an den Krokus.